Wer eine ganz bestimmte oder sogar seltene alte Uhren sucht und sie am liebsten gleich umbinden möchte, wird bei Greenwich MT. am ehesten fündig. Die Auswahl ist so gross wie nirgends sonst in Zürich. Auf den ersten Blick finden sich hier Armbanduhren aller Epochen und Marken. Der einzige, der wirklich den Überblick hat ist Urs Pfister, der hinter dem Ladentisch sein Uhrenreich völlig im Griff hat.
Bei unserem Besuch an einem Samstag herschte Hochbetrieb. Jemand möchte eine Uhr verkaufen, ein anderer eine tauschen und der Dritte eine kaufen. Pfister findet trotzdem Zeit zum fragen, was wir denn möchten. Eine alte Tudor? Welches Modell? Er habe eine schöne, gut erhaltene Submariner, die kostet aber 6000 Franken. Im Schaufenster finden wir sie dann auch, zwischen Rolex-Modellen, von der Explorer bis zur Daytona. Wirklich ein schönes Stück zu einem fairen Preis. Aus der Präsentation bei Greenwich wird niemand – ausser wahrscheinlich dem Ladenbesitzer – so richtig schlau. Manchmal werden bestimmte Marken und Modelle zusammen gruppiert, doch dann findet sich eine Cartier Tank neben der IWC Da Vinci. Oder eine Heuer Autavia neben einem Tissot-Chronographen. Deshalb drücken sich Uhrenliebhaber auch ihre Nasen an dem Schaufenster platt. «Der Mann kennt sich mit alten Uhren aus» sagt ein Kunde schon fast ehrfürchtig zu seinem Kollegen. Und tatsächlich ist das Fachwissen von Urs Pfister unumstritten. Er kennt seine Marken, ihre Modelle und ihre Geschichten. Und er weiss auch ganz genau, was eine Uhr wert ist und welchen Zustand sie haben muss, damit sie in seinem Geschäft einen Platz bekommt.
Wenn es bloss darum geht, wer am meisten alte Uhren in seinem Schaufenster unterbringen kann, gewinnt Greenwich mit Bestimmtheit sofort den ersten Platz. Doch darum schert sich der Inhaber Urs Pfister nicht. Seine fast schon überladenen Auslage sind eben sein Markenzeichen. Und eine Attraktion am Bellevue. Ständig stehen Menschentrauben vor dem Schaufenster und bestaunen die alten Zeitmesser. Und sie brauchen selber einige Zeit, um sich in dieser Fülle überhaupt einen Überblick zu verschaffen. Irgendein bestimmtes Modell einer bekannten Marke? Bei Greenwich scheint es fast immer vorhanden zu sein. Ob eine alte «Monaco» von Tag Heuer, eine «Speedmaster» aus den 60er Jahren von Omega oder eine «Yachtmaster» von IWC – irgendwo im Schaufenster wird man sicher fündig. Man muss eben nur genau hinschauen und sieht dann tatsächlich plötzlich eien seltene IWC Marke X neben einer ganz normalen Ebel und einer relativ neuen Uhr von Union Glashütte. Und wer mit seinen eigenen Augen nichts gefunden hat, erkundigt sich eben im Geschäft nach seiner Traumuhr. Bitte klingeln, und man wird eingelassen. Hier drinnen hat Pfister den totalen Überblick über all seine Schätze. Da kann man ihn auch auf spezielle Raritäten ansprechen, wie etwa eine Tudor Oyster Prince Submariner mit einem speziellen Rolex-Werk und einer braunen Lunette. Mit 9000 Franken ist diese Tudor teurer als manch eine Rolex, aber auch sehr viel gesuchter. Das grosse Sortiment – wohl das grösste in Zürich – umfasst nicht nur teure Markenuhren, sondern auch günstigere Einsteigermodelle. Bei allen Uhren steht Urs Pfister mit Rat und Tat zur Seite, denn die Reparaturen der alten Zeitmesser werden selbstverständlich ebenfalls fachmännisch ausgeführt. Und Pfister verkauft nicht nur Uhren, er kauft interessante Stücke auch immer wieder selber an – damit die Sammlung noch etwas grösser wird.
Zu übersehen ist das kleine Geschäft an der Ecke Theater- und Rämistrasse nicht – schliesslich ist das Schaufenster mit Hunderten und Aberhunderten von Uhren bestückt. Doch von anderen Zeitmesserläden in der Limmatmetropole unterscheidet sich das «Greenwich» deutlich. Das Hauptaugenmerk des Inhabers gilt den alten, ganz alten und uralten Uhren, von denen manche aus dem 19., andere aus dem 18., Jahrhundert stammen – und einige noch weit davor gefertigt wurden. Urs Pfister, der vor vielen Jahren als Sammler vom Uhrenvirus infiziert wurde und 1979 das Geschäft eröffnete, stösst immer wider auf alte Prachtstücke, deren Besitzer gar nicht wissen, welche Schätze sie da in ihrem Besitz haben. Die Seriosität der Quellen freilich ist oberstes Prinzip des Zürchers. «Ich kenne alle meine Lieferanten», sagt Pfister, der seinen Kunden einen Ratschlag mit auf den Weg gibt. «Werfen Sie keine Uhr weg, bringen Sie sie lieber zu mir.» Und wenn mal jemand keine bringt, sondern nur ein bisschen plaudern möchte, dann ist er auch willkommen. «Das ist auch ein sozialer Treffpunkt», lacht Urs pfister. Bevor er in die Auslagen wandert, wird natürlich jeder Zeitmesser auf Funktionstätigkeit geprüft und von einem Uhrmacher kontrolliert und repariert. Nur das älteste Stück des Hauses ist unverkäuflich. Die handgefertigte Rarität stammt aus dem 17. Jahrhundert und war einst Besitz der Königin Marie-Antoinette. «Vielleicht schenke ich die eines Tages am Louvre», sagt Urs Pfister.
Das Geschäft Greenwich von Urs Pfister am Zürcher Bellevue ist ein Kontor für klassische Zeitmesser vorab aus den 40er, 50er und 60er Jahren – an die 3000 Stück sind in der Vitrine. 50 bis 100 Kunden kommen pro Tag vorbei und können von seinem Fachwissen profitieren. Pfister führt, passend zum Geschäft, eine Adresskartei aus Papier und hält wenig vom Internet.